Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 23.02.2019
– 17 K 4618/18 –
Approbation eines Arztes darf nicht wegen Abrechnungsbetrugs widerrufen werden
Verhalten des Arztes begründet nicht dessen Berufsunwürdigkeit
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat den Widerruf der Approbation eines Kardiologen wegen Abrechnungsbetrugs aufgehoben. Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts begründet das dem Arzt zur Last gelegte und vom Strafgericht geahndete Verhalten nicht seine Berufsunwürdigkeit, was Voraussetzung des Widerrufs gewesen wäre.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist approbierter Arzt und seit 1994 als Chefarzt der Kardiologischen Abteilung eines Hamburger Krankenhauses tätig. Über einen Zeitraum von vier Jahren reichte der Kläger – im eigenen Namen – bei der Kassenärztlichen Vereinigung Rechnung zu Leistungen ein, die er nicht persönlich, sondern nachgeordnete Ärzte bzw. seine Abteilung erbracht hatten. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens räumte der Kläger den Sachverhalt ein. Er erstattete der Kassenärztlichen Vereinigung die von ihm abrechneten Leistungen und verzichtete auf seine Ermächtigung, ambulante Leistungen als Kassenarzt abzurechnen.
AG setzt Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und Geldbuße in Höhe von 100.000 Euro fest
Das Amtsgericht Hamburg-St. Georg setzte mit Strafbefehl vom 12. April 2016 wegen Betrugs in 15 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und eine Geldbuße in Höhe von 100.000 Euro fest. Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Ärztekammer Hamburg leitete ein berufsrechtliches Verfahren gegen den Kläger ein, sah von einer Sanktionierung des Klägers im Ergebnis aber ab.
Stadt widerruft Approbation des Arztes
Die Freie und Hansestadt Hamburg widerrief im Februar 2018 die Approbation des Klägers. Er habe sich aufgrund des langjährigen und systematischen Abrechnungsbetrugs zur Ausübung des Arztberufes als unwürdig erwiesen. Hiergegen legte der Kläger zunächst Widerspruch, anschließend Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg ein.
VG sieht keinen Grund für Zweifel an ärztlicher Integrität
Die Klage hatte Erfolg. Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts begründe das dem Kläger zur Last gelegte und vom Strafgericht geahndete Verhalten nicht seine Berufsunwürdigkeit, was Voraussetzung des Widerrufs gewesen wäre. Für das Verwaltungsgericht bestehe im Ergebnis kein Grund, an der ärztlichen Integrität des Klägers zu zweifeln. Zwar habe sich der Kläger eines nicht unerheblichen Fehlverhaltens schuldig gemacht. Das Verhalten sei – so das Gericht – aber weder von Gewinnstreben noch ärztlicher Gewissenlosigkeit geprägt. Die fehlerhaften Abrechnungen hätten zudem Routineaufgaben betroffen, die schon im Ausgangspunkt von der Kassenärztlichen Vereinigung nicht dem Kläger als Chefarzt zur persönlichen Erledigung hätten übertragen werden sollen.