Nationale Grundrechte, wie die Religionsfreiheit aus Art. 4 GG, können bei der Frage, ob ein Kopftuchverbot angemessen ist, berücksichtigt werden: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.07.2021, C-804/18 (WABE) und C-341/19 (Drogerie Müller)
28.07.2021. Arbeitgeber in Deutschland können nicht uneingeschränkt Musliminnen verbieten, ein Kopftuch zu tragen. Sie sind mittelbar an die Religionsfreiheit (Art. 4 Grundgesetz) und auch unmittelbar an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das eine entsprechende EU-Richtlinie umsetzt, gebunden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist daher ein Kopftuchverbot nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber konkrete betriebliche Störungen oder wirtschaftliche Einbußen beweisen kann, die durch das Tragen des Kopftuches hervorgerufen werden. Der Wunsch nach einem neutralen Auftreten reicht alleine dafür nicht aus.
Nun haben das Bundesarbeitsgericht und das Arbeitsgericht Hamburg zwei Fälle dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegt, um diesen zu Fragen, ob das Religionsgrundrecht aus Art.4 GG in der strengen Auslegung des Bundesverfassungsgerichts bei der Abwägung über ein Kopftuchverbot zulasten der Unternehmerfreiheit (Art. 16 Grundrechtecharta) angewendet werden kann.
Dies bejahte der EuGH: Die Mitgliedsstaaten haben einen Wertungsspielraum bei dem Ausgleich der Religionsfreiheit mit der Unternehmerfreiheit, dabei können auch nationale Grundrechte berücksichtigt werden: Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.07.2021, C-804/18 (WABE) und C-341/19 (Drogerie Müller).